Team-Meeting, wenn die Hütte brennt. Weil alle tun, wie es der Chef vorlebt.

Chef: „Morgen beim Team-Meeting heize ich ihnen ein! So kann es nicht weitergehen, wir brauchen da mehr Druck am Kessel!”
„Was werden Ihre Leute dann nach dem Team-Meeting tun?”
Chef: „Keine Ahnung. Ist mir auch egal. Jetzt ist Schluss mit dem Schmusekurs!”
„Woran erkennen Sie denn, z.B. in einer Woche, dass Ihre Leute insgesamt mehr Gas geben?”
Chef: „Wir haben Deadlines.”
„Die führen Sie ja morgen nicht neu ein. Wollen Sie denn die Termine nach vorne setzen?”
Chef: „Nein, wie sollte denn das funktionieren?”
„Sollen Ihre Leute denn generell schneller arbeiten? Sie wissen ja, wie gerade die Leistungsträger seit einiger Zeit schnaufen.”
Chef: „Nein, sollen sie nicht. Sie brauchen ja auch Zeit zum Nachdenken und um sich zu besprechen. Mehr Fehler dürfen ja auch nicht passieren. Jetzt sagen Sie schon, was ich tun soll!”
„Fragen Sie Ihre Leute. Sagen Sie ihnen deutlich wie es steht: Auftragslage, Termine, zu wenig Leute, wen Sie gerade suchen, klare Tendenz zu immer anspruchsvolleren Projekten, Konkurrenz usw. Das ganze Programm. Und dann fragen Sie, was jeder einzelne bereit ist, dafür zu tun, dass sie als Gesamt-Team diese Ziel erreichen.”
Chef: „Die werden nichts antworten.”
„Nach Ihrer Frage sagen Sie nichts mehr. Das ist der springende Punkt. Sie schauen jedem einzelnen nacheinander ruhig in die Augen. Das müssen Sie aushalten. Definitiv meldet sich jemand und sagt, was er tun wird. Dann holen Sie sich reihum die Aussagen Ihrer Leute ab.”

Am Tag nach dem Team-Meeting kommt diese Nachricht von einem der Teilnehmer: „Ich wollte mal Danke sagen. Der Unterschied im Team-Meeting zum letzten ist sehr geil.”

Und das soll immer so funktionieren?

Nein und Ja. Wir können nicht in jeder Besprechung den Joker „Wir-stehen-an-der-Wand-jetzt-muss-etwas-geschehen” ziehen. So können wir nur vorgehen, wenn es auch tatsächlich so ist. Die Wirkung nützt sich sonst schnell ab.
Doch je besser jeder einzelne informiert ist, weiß wo es fehlt, wohin es gehen soll und damit was von ihm erwartet wird, desto eher ist er auch bereit und fähig, sich aktiver einzubringen.

Wie schaffen wir es, die Motivation nach dem Team-Meeting aufrecht zu erhalten?

Das ist der alles entscheidende Punkt. Das klappt nur, wenn die Leistungen, die jeder genannt hat, die er für den Gesamterfolg beitragen will, auch verbindlich eingefordert werden. Sonst war es bloß ein motivierendes Team-Meeting. Das bedeutet, in den Wochen nach dem Team-Meeting, muss der Chef bei jedem einzelnen dran bleiben und unnachgiebig fordern, was versprochen wurde.
Wichtig! Auch der Chef muss seine Versprechen einhalten. Sonst geht der Schuss nach hinten los und er erlebt eine Welle der inneren Kündigung.

Zudem ist das Team-Meeting erst beendet, wenn jeder seinen Beitrag mitgeteilt hat. Egal, wie lange es dauert. Egal, für wie lange das Team-Meeting ursprünglich angesetzt war. Nur so wird deutlich: Jetzt geht´s um die Wurst. Wir bleiben, bis wir das Thema verbindlich für alle durchexerziert haben. Brechen wir vorzeitig ab, verpufft die Wirkung und es bleibt ein „schön geredet”.

Muss man, um das durchzuziehen, nicht ein eiskalter Hund sein?

Ganz klar: Nein! Was man dazu braucht, ist die richtige innere Haltung. Es ist unmöglich, den coolen Hund zu spielen. Das würde binnen kürzester Zeit auffliegen, denn in der Umsetzung befindet sich das Team wieder im Alltag. Ausreden oder triftige Gründe, weshalb die Umsetzung nun doch nicht so klappt, wie im Team-Meeting besprochen, sind völlig normal. Im obigen Beispiel ließ sich der Chef durch ein Coaching im Gesamtprozess begleiten und so stützen. Er schuf sich selbst Verbindlichkeit. Schließlich ist so ein Coaching eine zeitliche und finanzielle Investition.

Es steht im Unternehmen ein Wandel der Unternehmenskultur an

Offensichtlich wurde vom Chef nicht deutlich gemacht, worauf es ihm ankommt. Er hat es nicht vorgelebt und nicht eingefordert. Er ist schwammig in seiner Vision und das was sie für ihn und sein tägliches Tun und Verhalten bedeutet. Deshalb kann er auch nicht vorleben und einfordern. Und wenn er das selbst nicht weiß, wie sollen es dann seine Leute wissen? Diesen ist kein Vorwurf zu machen, sie tun, was der Chef vorlebt.

Das Team ist der Spiegel des Anführers

So wie das Team sich verhält, ist Ausdruck des Verhaltens des Leiters. Worauf er Wert legt, das wird prompt gemacht, was ihm unwichtig ist, wird links liegen gelassen. Zu jedem Augenblick beobachten alle Teammitglieder bewusst und vor allem unbewusst, die Führungskraft. Dementsprechend verhalten sich alle.

 

Gute Zeit & Viele Grüße!

Jörg Romstötter

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Meine Hilfestellungen zur Selbstführung und damit zur Führung anderer, erscheinen nicht immer leicht in ihrer Umsetzung. Wobei sie sich gerne offenkundig plausibel, „einfach” und eingängig lesen. Diese Vorgehensweisen, werde in ihrer Umsetzung sowohl als äußerst einfach und äußerst schwierig empfunden. Je nachdem, welche Qualität innere „Arbeit” jemand schon mit sich angestellt hat. Selbstführung beginnt mit der Selbst-Begegnung. Ohne sie ist jede erlernte Vorgehensweise lediglich vordergründiges Tun und funktioniert nur rudimentär: Wir werden als „Tool-Anwender” entlarvt.

Selbst-Begegnung ist ein Stufenprozess: Wer eine „Stufe” erreicht hat, sieht sich unmittelbar mit der nächsten konfrontiert. Wer keine „Stufen” erkennt, ist nicht etwas schon „angekommen” oder gar „fertig”. Der sieht lediglich (unbewusst) von der nächsten Stufe weg. Was natürlich auch völlig ok ist.

Eine der wirksamsten Möglichkeiten zur Selbst-Begegnung und gleichzeitig zur Selbstführung ist seit jeher die Natur. Und dabei im Besonderen das Alleinsein draußen. Sich selbst ein wenig zuhören inmitten der weitenden, klärenden, stärkenden und erdenden Natur, ist ein ganz besonderes Geschenk. Ich wünsche Dir und mir den Mut, dass wir uns dieses Geschenk immer wieder machen.