Abhängigkeit: „Der Typ ist ein Problem. Leider ist er unser bester Mann.” 5 Tipps.

Wie können Unternehmen und Führungskräfte frei bleiben und sich nicht von einzelnen Mitarbeitern abhängig machen lassen. Gerade auch, wenn in Zukunft die passenden Arbeitskräfte immer knapper werden. Selbst wenn die Digitalisierung hier Hoffnung macht, ist das wirklich die Lösung? Brauchen wir nicht auch in Zukunft Menschen, die etwas auf dem Kasten haben und trotzdem ihren Arbeitgeber nicht erpressen?

Wie die Geschichte begann

Der betreffende „Typ”, nennen wir ihn Max, kam vor gut zehn Jahren ins Unternehmen und hat sich in seinem Bereich mit Fug und Recht Sporen verdient. Fachlich ist er konstant top informiert und in der Umsetzung klasse. Jegliches Problem im Kundenauftrag erledigt er zuverlässig, umsichtig, fachlich einwandfrei und schnell. Reklamationen gab es praktisch nie. Leider zeigte sich im Laufe der Zeit eine Schwäche: sein Umgang. Seine soziale Kompetenz, wie wir dazu sagen.
Zunächst sehr sporadisch, dann immer deutlicher, wurde allen klar, dass er da eine ernste Kompetenzlücke hat. In den Anfangsjahren waren es kleine Grobheiten oder Ausdrücke, bei welchem sich das Gegenüber nicht ganz sicher war, ob es nun eine Respektlosigkeit war oder nicht. Blicke, Floskeln, unwirsche Handbewegungen gebrauchte er in Situationen, die ihre Verwendung nicht zweifelsfrei rechtfertigten. Worüber sich beschweren und einen Streit vom Zaun brechen, wo er doch fachlich ein so gutes Vorbild und überhaupt mittlerweile eine tragende Säule des wirtschaftlichen Erfolges war? Dachte sich sein Vorgesetzter, der Unternehmer.

Letztlich eskaliert die Situation

Dann geschah es. Ein Lehrling, ein neuer Mitarbeiter und auch ein Kunde beschwerten sich beim Unternehmer. Dieser nahm Max in Schutz und bügelte die Miseren auf seine Weise aus. Max erzählte er jedoch nur Teile davon. Eine weitere Konsequenz gab es für Max nicht.

Wieder schneite eine Beschwerde herein, wieder verhielt sich der Unternehmer zurückhaltend und fragte nur lax bei Max nach. Mit der Zeit fühlte sich auch der Unternehmer von Max ungebührlich behandelt. Schon bald war er für Kritik nicht mehr zugänglich. Wobei dem Unternehmer nun auffiel: eigentlich war Max für Kritik noch nie besonders zugänglich gewesen. Mittlerweile hatte sich Max sogar gegenüber dem Unternehmer einen sehr schnodderigen Ton angewöhnt. Ihm passierten Fehler, die durchaus zu Buche schlugen, doch ein Schuldempfinden bzw. Scham hatte er deshalb nicht. „Ohne mich läuft hier eh nichts.” Ist eine Aussage, die er wiederholt vor Kollegen machte.
Die Personalsituation im Unternehmen spitzte sich in den letzten Jahren immer mehr zu. Alle Last wurde von den vorhandenen Kräften getragen. Adäquate Verstärkung oder gar Nachwuchs war nicht in Sicht bzw. die Bemühungen in diese Richtung scheiterten vorzeitig. Der Unternehmer steht an der Wand: verlässt Max das Unternehmen, kann er wohl zusperren.

Wie kann sich der Unternehmer aus seiner erpressbaren Lage befreien? 5 Tipps
  1. Durch seine verbale und nonverbale Haltung muss er ausstrahlen, dass er auch ohne Max erfolgreich weitermachen kann und wird. Zu dieser Überzeugung muss er freilich vorab gelangen. Spielt er dies nur, wird ihn Max durchschauen und Max könnte ihn erst richtig erpressen. Z. B. durch häufige Krankschreibungen, Unpünktlichkeit oder unerlaubter Privatnutzung von Firmeneigentum.
  2. Er muss mit Max ein klärendes Gespräch führen, in dem er unmissverständlich deutlich macht, was er von allen Mitarbeitern erwartet und einfordert. Hier sollte er deutlich machen, dass er Max bei seinen Verfehlungen in Schutz genommen hat. Gerade weil er seine langjährige erstklassige Arbeit und seine Loyalität schätzt und auch in Zukunft auf diese zählt.
  3. Max muss er klar machen, worin genau seine Verfehlungen bestanden. Sie müssen für ihn nachvollziehbar sein. Auch wenn Max sich offensichtlich schwer tut, die Wirkung seiner Worte, Mimiken und Gestiken richtig einzuschätzen.
  4. Er sollte Max fragen, ob dieser sich zutraut, respektvoll mit allen umzugehen und zu lernen bereit ist.
    Außerdem sollten er ihm seine Hilfe anbieten: Wie kann er Max behilflich sein? Was erwartet Max von ihm? Was soll Max tun, wenn ein Kunde ungehalten ist oder reklamiert?
  5. Er muss mit Max Konsequenzen vereinbaren, wenn er Respektlosigkeit zeigt oder Fehler aus Schlampigkeit macht.
Was hätte der Unternehmer besser machen können?

Vielleicht hätte er mehr Augenmerk auf den Aufbau von weiteren kompetenten Mitarbeitern legen müssen, die keine solchen gravierenden Mängel in der sozialen Kompetenz aufweisen.

Er hätte Max dichter führen können. Ihn dabei seine Fehltritte schonend vor Augen führen und den entstandenen Schaden eigenverantwortlich ausbügeln lassen können. Dafür hätte sich der Unternehmer in der Konflikt-Gesprächsführung in Trainings oder bei einem Coach schulen lassen können. Was meist schneller erfolgreich und wirksamer ist als Lektüre oder Seminare. Auch könnte er dem Mitarbeiter Fortbildung in diesem Bereich anbieten, was jedoch gerade bei gering ausgeprägter Kritikfähigkeit schwierig und der angespannten Arbeitssituation zeitlich beinahe unmöglich ist.

Gute Zeit und Viele Grüße!

Jörg Romstötter

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Meine Hilfestellungen zur Selbstführung und damit zur Führung anderer, erscheinen nicht immer leicht in ihrer Umsetzung. Wobei sie sich gerne offenkundig plausibel, „einfach” und eingängig lesen. Diese Vorgehensweisen, werde in ihrer Umsetzung sowohl als äußerst einfach und äußerst schwierig empfunden. Je nachdem, welche Qualität innere „Arbeit” jemand schon mit sich angestellt hat. Selbstführung beginnt mit der Selbst-Begegnung. Ohne sie ist jede erlernte Vorgehensweise lediglich vordergründiges Tun und funktioniert nur rudimentär: Wir werden als „Tool-Anwender” entlarvt.

Selbst-Begegnung ist ein Stufenprozess: Wer eine „Stufe” erreicht hat, sieht sich unmittelbar mit der nächsten konfrontiert. Wer keine „Stufen” erkennt, ist nicht etwas schon „angekommen” oder gar „fertig”. Der sieht lediglich (unbewusst) von der nächsten Stufe weg. Was natürlich auch völlig ok ist.

Eine der wirksamsten Möglichkeiten zur Selbst-Begegnung und gleichzeitig zur Selbstführung ist seit jeher die Natur. Und dabei im Besonderen das Alleinsein draußen. Sich selbst ein wenig zuhören inmitten der weitenden, klärenden, stärkenden und erdenden Natur, ist ein ganz besonderes Geschenk. Ich wünsche Dir und mir den Mut, dass wir uns dieses Geschenk immer wieder machen.