Da wir uns heutzutage über die Ausgestaltung von „Fehlerkulturen” die Köpfe heiß reden, find ich eine kühle Betrachtung zeitgemäß. Resümee: Fehler sind die allerbesten Lernquellen. Sofern wir wollen.
Was sind Fehler?
Ein Teamleiter in einem Workshop: „Wenn ein Ziel nicht erreicht wird, ist es ein Fehler.”
Ich: „Ist es dann auch ein Fehler, wenn ein Ziel überschritten wird?”
So leicht lässt sich eine treffliche Diskussion entfachen. Spaß beiseite, hier sind mit „Fehler” alle ungewollten Ereignisse gemeint, die weder fahrlässig noch leichtsinnig herbeigeführt wurden. Geschehen Einzelnen „Leichtsinnsfehler” öfter, ist es schon angebracht auch den Gründen für diese analytisch auf den Grund zu gehen. Auch hier können wir deren eigene Systematik nutzen, um weitergehende Lerneffekte zu nutzen.
Wo geschehen Fehler?
Genau genommen ereignen sich echte Fehler doch nur in unbekanntem Gebiet, hinter Grenzen (deshalb auch das Bild mit dem irrwitzigen Grenzstein irgendwo im Gebirg). Wo wir Routinen etabliert haben, geschehen außer Leichtsinnsfehlern, keine Fehler. Außer die Routinehandlung entpuppt sich selbst als Fehler. Einfach weil wir mit ihr unsinnige Ziele verfolgen oder Ziele umständlich verfolgen. Demnach erweitert ein Fehler unseren Erfahrungsraum. Einfach deshalb, weil er außerhalb unserer „Komfortzone” geschieht. Fehler können deshalb auch Ausdruck von unkonventioneller Kreativität sein.
Wer hat Schuld an einem Fehler?
Oft ist der Verursacher des Fehlers lediglich der „Bote”, das „Ventil”, an welchem er letztlich zu Tage tritt. Etliche Fehler haben ihre Ursachen zu weit zurückliegenden Zeiten. Sie wurden nur noch nicht entdeckt, bzw. es ergab sich noch nicht die Konstellation, dass sie zu Tage treten konnten. Also töten wir den Boten? Nein! Vielleicht bedanken wir uns sogar bei ihm für den Mut, den er aufbrachte, als Bote des Fehlers aufzutreten.
Ein Fehler bleibt nur dann ein Fehler, wenn wir nichts aus ihm lernen
Schön, wenn wir bereits nach dem Fehler lernen und ihn kein zweites Mal begehen. Noch schöner, wenn wir sogar andere an unserer Erkenntnis teilhaben lassen. Dann vermeiden wir, dass der gleiche/ähnliche Fehler an anderer Stelle noch einmal gemacht wird. Erst richtig optimal wird es, wenn wir den Fehler analysieren und seine Entstehungssystematik eruieren. Dann ist es uns möglich, sogar an anderer Stelle Fehler vorzubeugen, da wir „systemisch” gelernt haben und Fehlerquellen umfassend trockenlegen können.
Wir lernen nur durchs Fehlermachen
Wir lernen nunmal nur da, wo wir noch nichts wissen. Lernen selbst ist genau genommen eine Art Fehlerprozess, indem wir uns mit einer Materie auseinandersetzen und zwischen „wertvoll für uns“ und „unwichtig/unrichtig für uns“ sortieren. Wir stellen mit dem neuen Wissen neue Verbindungsstellen in unseren Synapsen her. Es entstehen also Verbindungen, die entsprechend unserer vorheriger Gehirnstruktur „falsch“ waren. Einfach, weil sie noch nicht existiert hatten und wir noch nicht bereit/fähig waren, um das neue Wissen/Fähigkeiten anzuwenden.
Fehler feiern?
Das wäre jetzt eigentlich die logische Konsequenz. Ob ein Team/ ein Unternehmen so weit ist, das sollten wir mal eine Frage der Kultur sein lassen. Und Kulturen ändern sich nur langsam, oder durch ein Schockereignis von heute auf morgen. Wie auch immer, beim Fehlermachen sollte sehr eindeutig die echte Freude am Lerneffekt erkennbar sein. Sonst regiert die Ironie und damit doch wieder nur eine maskierte Blamage.
Wir lernen letztlich nur durchs Fehlermachen
Keiner macht gerne oder vorsätzlich Fehler. Doch wir lernen nun mal nur durchs Fehlermachen. Verluste gehören zum Leben wie Gewinne. Wobei Gewinn nur durch Verluste entstehen kann. Dies nennen wir auch Investition. Niemand kann immer nur gewinnen. Schon gar nicht, ohne vorher investiert zu haben. Niemand kann fehlerfrei durch dieses Leben stapfen. Allein unsere Wertung in „gut” oder „schlecht”, macht aus einem Ereignis einen Verlust oder Gewinn. Was wäre, wenn gerade die Verluste/ Fehler unsere tatsächlichen Gewinne sind?
Gute Zeit & Viele Grüße!
Jörg Romstötter
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Meine Hilfestellungen zur Selbstführung und damit zur Führung anderer, erscheinen nicht immer leicht in ihrer Umsetzung. Wobei sie sich gerne offenkundig plausibel, „einfach” und eingängig lesen. Diese Vorgehensweisen, werde in ihrer Umsetzung sowohl als äußerst einfach und äußerst schwierig empfunden. Je nachdem, welche Qualität innere „Arbeit” jemand schon mit sich angestellt hat. Selbstführung beginnt mit der Selbst-Begegnung. Ohne sie ist jede erlernte Vorgehensweise lediglich vordergründiges Tun und funktioniert nur rudimentär: Wir werden als „Tool-Anwender” entlarvt.
Selbst-Begegnung ist ein Stufenprozess: Wer eine „Stufe” erreicht hat, sieht sich unmittelbar mit der nächsten konfrontiert. Wer keine „Stufen” erkennt, ist nicht etwas schon „angekommen” oder gar „fertig”. Der sieht lediglich (unbewusst) von der nächsten Stufe weg. Was natürlich auch völlig ok ist.
Eine der wirksamsten Möglichkeiten zur Selbst-Begegnung und gleichzeitig zur Selbstführung ist seit jeher die Natur. Und dabei im Besonderen das Alleinsein draußen. Sich selbst ein wenig zuhören inmitten der weitenden, klärenden, stärkenden und erdenden Natur, ist ein ganz besonderes Geschenk. Ich wünsche Dir und mir den Mut, dass wir uns dieses Geschenk immer wieder machen.