Was war zu erst da: Eine „Generation Z“ mit ihrem angeblich so unmöglichen Verhalten in der Arbeitswelt? Oder Zuschreibungen an junge Menschen, sie seien so „anders“? Sind wir individuelle Wesen oder doch vielmehr Mitglieder einer Alterskohorte? Wie kann uns aktive Beziehungsgestaltung dabei helfen besser miteinander klar zu kommen? 7 Tipps.
Werte in Unternehmen. Unsere Werte als Mensch.
Unsere soziale Umgebung beeinflusst uns und wir adaptieren die Art und Weise wie Werte ausgelebt werden. Gleichzeitig beeinflussen wir selbst durch unser Handeln, die Art und Weise wie in unseren sozialen Umgebungen Werte ausgelebt werden. Unternehmen suchen normalerweise nach Menschen, welche die Unternehmenswerte bereits deutlich ausleben, diese damit stabil halten und fruchtbar weiter entwickeln. Es ist ein gegenseitiges Befruchten. Kein Unternehmen würde eine Person zu einem Kennenlernen einladen, kein Mensch würde sich bei einem Unternehmen bewerben, wenn die jeweils vermittelten Werte nicht grundsätzlich passen. Wir werden ohnehin nur aufmerksam auf etwas, das uns innerlich berührt. Eine Schwierigkeit besteht dabei auf beiden Seiten, denn jedes Unternehmen produziert nach außen ganz bewusst ein bestimmtes Markenimage. Das muss nicht zwingend mit den gelebten Werten innerhalb der Belegschaft übereinstimmen. Doch wie es in einem Unternehmen wirklich tickt, erkennen wir recht schnell an vielen Kleinigkeiten. Genauso produziert jeder Bewerbende ein bestimmtes Image von sich als „Marke“. In seinen Bewerbungsunterlagen und durch den digitalen Pfad den er im www hinterlassen hat. Auch in vielen Details seines Auftretens und seiner Kommunikation lässt sich einschätzen, ob jemand gerade ein Bild von sich erzeugt oder ob er authentisch handelt. Doch wie er tickt, wenn es wirklich darauf ankommt, ist nicht so ohne weiteres erkennbar. Das zeigt am besten die Praxis.
Über Werte wird nicht gesprochen. Einfach, weil kaum jemand weiß, wie.
Sobald sich Menschen zusammentun, leben sie gemeinsame Werte aus. Insbesondere, wenn sie miteinander etwas erreichen wollen, wie etwa in einem Unternehmen. Werte, das sind die ungeschriebenen Gesetze. Nicht unbedingt die güldenen Lettern in Foyers oder in Hochglanzbroschüren. Vielmehr das gelebte Miteinander. Besonders in Schwierigkeiten, bei Fehlern oder bei Meinungsverschiedenheiten erleben wir astrein, wie es um eine Unternehmenskultur wirklich steht. Erst(!) wer dann offenkundig die gepriesenen Werte der Gemeinschaft lebt, handelt im Sinne der Unternehmensphilosophie integer. Werte und der aktive Umgang mit ihnen, sind ein sehr wirksames Führungstool. Ein ziemlich unbekanntes, mit dessen Funktionsweise ich gerne vertraut mache.
Wir verhalten uns, wie wir (unbewusst) beurteilt werden.
Menschen verhalten sich dem entsprechend wie sie von anderen gesehen werden (wollen). Hier erfolgt durch die Beobachter ein aktives, stillschweigendes Zuschreiben von erwartetem Verhalten an die Beobachteten. Siehe Rosenthal-Effekt. Noch faszinierender wird es, wenn wir uns ein anderes Phänomen auf der Zunge zergehen lassen: der Beobachtete verhält sich wie vom Beobachteten unbewusst bewertet. Es sind demnach sogar bereits unbewusste, und im negativen Fall abgewehrte, eigene Anteile, die im Beobachteten gesehen werden. Und der Beobachtete nimmt diese sogar unbewusst an, fühlt sich also auch so und verhält sich entsprechend – krass! Siehe projektiven Identifikation.
Wann ist eine Generation eine Generation?
Wird eine Generation nach ihrem Verhalten beschrieben? Oder meinen Forschende etwas bestimmtes wahrzunehmen, verkünden das und, um unserer Identität keinen Abbruch zu tun, fühlen(!) und handeln wir entsprechend? Henne oder Ei? Bei all dem Bohei das um die jüngsten Generationen seit ein paar Jahren gemacht wird, könnte sich schon die Vermutung einschleichen dass „Generationen gemacht werden“. Gerade in Kindheit und Jugend hat ein Menschlein ja die Aufgabe, sich den größten Teil seiner Identität durch Hereinnahme (Introjektion) von Persönlichkeitsanteilen anderer zu basteln. Es ist also ein völlig normaler Prozess, sich so zu verhalten, wie sich eben das Umfeld verhält oder auch vom Individuum gemeint wird, wie es sich zu verhalten habe, was es glauben und meinen soll. Ein alter Hut ist die Beobachtung, dass sich Adoleszente partout gegenteiligen Werten verschreiben wie ihre Eltern. Einfach, um neben all dem Hereingenommenen eine eigene, unverwechselbare Identität zu erschaffen. Letztlich auf eigenen Beinen zu stehen um seinen Platz im Leben zu finden. Das geht am besten, indem man sich physisch und mental aus dem Staub macht. Es ist also eines der leichtesten Spiele, junge Menschen als von sich anders erlebend und handelnd wahr zu nehmen. Und genau diese Wahrnehmung mit all ihren Zuschreibenden erschafft erst eine neue Generation.
Führungskräfte haben Angst vor dem großen Neuen das kommt
Durch ihr Verhalten zeigen die Jungen eine Subsumierung aus Beobachtungen, Marketing, Selbstdefinition zur Identitätsstiftung mittels Abgrenzung (von den Alten) und sich wandelnden politischen, ökonomischen wie gesellschaftlichen Umgebungseinflüssen. Sie zeigen damit also ein Produkt der Welt wie sie wirklich ist und gesehen wird, aus ihrer adoleszent-spiegelnden Haltung: „Hey, das habt ihr erschaffen und so konterkarieren wir es!“ Es ist also nichts, was nicht schon da ist, was nicht schon bekannt sein könnte. Nur wird es durch die Jungen personifiziert. Damit ist es etwas, das in den Älteren ebenfalls vorhanden und nicht von der Hand zu weisen ist. Die Jungen zeigen vielleicht etwas, das die Älteren sich nicht (mehr) trauen. Da kann man schon neidisch werden. Es ist damit greifbar und so (als Selbstschutz) angreifbar. Strategien des Ungeschehenmachens dieser Tatsachen greifen nicht mehr: „Einfach so weiter. Wird schon gut gehen“. Werte werden anders ausgelebt, auch wenn sie die selben sind. Hier entpuppt sich der wichtigste Kopplungspunkt: Wir haben zu verstehen, was uns (kollektiv) wichtig ist. Die Älteren können durch die Jungen (wieder) erleben, wie es ist, Gegebenes in Frage zu stellen. Eine Haltung, die durch Erlebtes, Erfolge, Erworbenes, als Sicherheit Empfundenes in Routine Verdorrtes über die Lebensspanne an Attraktivität verliert. Vielleicht für das Individuum auch nicht sonderlich nötig ist. Doch eine Führungskraft ist nicht nur sie selbst. Darf sie nicht sein, sonst würde sie ihre Rolle nicht professionell ausfüllen können. Was leider viele nicht können. Eine Führungskraft ist die Stellvertretung des Unternehmens. Aus dieser Haltung heraus hat sie eine Haltung des konstruktiven In-Frage-Stellens zu pflegen. Aus der Angst führt der Weg des aktiven Austauschs. Ein Austausch, ein Beziehungsaufbau, der im beruflichen Kontext ein neues Niveau und damit eine neue Verbindlichkeit auf beiden Seiten erreichen muss. Es wird ein noch deutlicheres Miteinander auf Augenhöhe sein. Keine Augenhöhe aus einer Notwendigkeit heraus, weil die Arbeitskraft gebende Seite nun als Oligopol zu bieten hat, was die Arbeitskraft nehmende Seite braucht. Und die sich per Wimpernschlag wieder in das Gegenteil wenden kann. Sondern eine Augenhöhe, welche die gegenseitige Abhängigkeit anerkennt. Ja, das macht Angst, wenn man dem großen Neuen mit alter Haltung und alten Methoden begegnen will.
Wie können wir mit anderen gut umgehen, die anders ticken wie wir?
Wie hast du es bisher in deinem Leben geschafft, mit anderen ein fruchtbares und bereicherndes Miteinanders zu erschaffen? Ich vermute, durch aktiven Beziehungsaufbau. Wie bewusst und strategisch angelegt er auch immer gewesen sein mochte: So gut wie dein gesamtes Verhaltens hast du durch Nachahmung erworben. Einen kleinen Rest durch Ausprobieren und deine Kombinationsgabe.
Wie geht Beziehungen aufbauen?
- Sich für den anderen interessieren. Bedeutet: zuhören, zuhören, zuhören, nachfragen, zuhören, nachfragen, zuhören, sich merken was den anderen interessiert, zuhören…
- Den anderen aktiv wahrnehmen. Bedeutet: ihm zeigen, dass wir ihn wahrnehmen, freundlich sein, Anerkennung geben (das muss und sollte nicht immer Lob sein – siehe Video!) und „Danke!“ sagen.
- Uns selbst zeigen. Bedeutet: von sich etwas preis geben, was nicht so offensichtlich ist, was jedoch unser Handeln bestimmt und was uns dadurch verstehbar macht. Z.B.: Wie ticke ich? Was ist mir wichtig? Woran glaube ich? Auf was fokussiere ich mich (in nächster Zeit)? Wie denke ich über Geschehnisse und Verhalten von Menschen? Welche Erfahrungen habe ich gemacht? Wie schätze ich Menschen und Situationen ein?
- Über Gemeinsames und Gemeinsamkeiten sprechen. Eine gemeinsame Zukunft gestalten. Bedeutet: jeder der miteinander in einem Team arbeitet, hat gemeinsame Interessen, schließlich arbeiten alle den lieben langen Tag an ein und den selben Zielen. Die gemeinsame Zukunft gehört aktiv „gesponnen“. Aus dieser „gedanklich konstruierten Zukunft“ leiten sich logische Verhaltensweisen ab, damit diese Zukunft auch erreichbar wird. Die braucht man dann nur täglich an den Tag zu legen. So wird es in die gewünschte Richtung gehen.
- Zu seiner eigenen Wahrnehmung und Meinung stehen und Disharmonie aushalten. Bedeutet: Nur, wer sich in einer Beziehung als Individuum gesehen und geschätzt fühlt, kann in der Beziehung ein aktiv gestaltender Partner sein.
- Vereinbarungen treffen. Bedeutet: Verbindlichkeit durch Verantwortungsübernahme erzeugen. Echtes Delegieren und kein Scheindelegieren. Rückdelegation unterbinden. Wie das geht, zeige ich gerne.
- Verbindlich sein. Bedeutet: walk the talk. Nur vorhersehbares Verhalten schafft mit gemeinsam gelebten Werten echtes Vertrauen. Dazu muss man sich in gewisser Weise kennen, doch nicht zwingend mögen.
Die Jungen sind anders. Und doch so ähnlich. Punktum.
Sagenhaft, doch es gibt „Alte Deppen (m/w/d)“ die mit den Jungen tatsächlich gut auskommen. Die das Zusammensein und miteinander Arbeiten sogar genießen. In deren Umfeld sich die Jungen sehr reif und nahbar, verständig und famos unbeirrbar „hands on“ zeigen. Die berichten, wie „typische Generation Zler“ sehr unbefangen mit älteren und deren Ansichten umgehen und diese als bereichernd wertschätzen. Gerne in die Arbeit gehen. Tag für Tag. Wieder Henne oder Ei? Was war zuerst da? Sind die beschriebenen der Generation Z wirklich nur „Glücksgriffe“? Jedes Unternehmen und jedes Team kreiert bewusst und unbewusst seine eigene Marke. Und die zieht unaufhaltsam (verborgene) Kreise…
Schau dir dein Team an und du weißt wer du bist und wie du führst.
„Wie der Herr, so ´as G´scher“. Eine uralte und ewig junge Beobachtung. Sollte ich an meinen Einstellungen und meinem Verhalten vielleicht doch etwas ändern, um meine und unsere Ziele zu erreichen?
Wer verzweifelt kann keine lebenswerte Zukunft gestalten
Wie schade wäre es denn, wenn die „Alten“ verzweifeln, stecken den Kopf in den Sand und werfen mittels Altersteilzeit und Frührente das Handtuch! Die „Jungen“ schreiben die „Alten“ und all deren jetzt blühende Fähigkeiten und ihren Erfahrungen, die nur das Leben geben kann, ab und machen ihr Ding. Natürlich auf Kosten der Alten. Die Zeit spielt immer für die „Jungen“. Also: Setzt euch zusammen und sprecht euch aus wieso ihr was, wie machen wollt. Und dann setzt es um.
Gekonnt zweifeln – den Stier bei den Hörnern packen!
Zweifeln ist wichtig und wertvoll. So lange der Zweifel gerichtet ist. Bedeutet, es wird im Hinblick auf ein gewünschtes Zukunftsszenario gezweifelt. Nicht, ob eine Entscheidung richtig oder falsch war, ob ein Weg richtig oder falsch ist. Hier ein Video von mir zum Zweifel.
Und ja, es ändert sich, wie wir miteinander arbeiten werden
Krisen werden weltweit wohl noch für eine ganze Weile unser Leben beeinflussen oder gar bestimmen. Die hochgradig vernetzte Welt macht Krisen, und der Umgang mit ihnen, hoch komplex. Vorerst sieht es so aus, als ob es sinnfrei ist, sich neue Modelle der Zusammenarbeit auszudenken und diese als vorerst installiert zu betrachten. Es wird mehr Sinn machen, fluid sich den Gegebenheiten anzupassen und sie gleichzeitig gestaltend zu beeinflussen. Das bedeutet, mehrere Konzepte parallel in der Schublade zu haben, sowie neue zu entwickeln und je nach Situation das passende zu fahren. Das aktuelle Beispiel des pauschalen Glaubenskriegs über Homeoffice oder Büropflicht zeigt eher stolperndes Taktieren, entsprechend tradierter Engstirnigkeit als strategische Unternehmensführung. Für und Wider sind von etlichen Unternehmen- und Team- individuellen Parametern abhängig und gehören nüchtern erörtert. Dann werden Möglichkeiten ausprobiert, diese evaluiert und erst dann wird entschieden. Nur, um in einem fortwährenden Kreislauf erneut die Frage zu stellen: Wie könnte es noch besser funktionieren?
Eines wird bleiben: funktionierende Beziehungen sind Rückgrat, Flügel und Wurzel für ein zufriedenes Leben, funktionierende Arbeit, Unternehmen und Wirtschaft. Egal, wie gerade die Welt- oder Konjunkturlage ist.
Gute Zeit & Viele Grüße!
Jörg Romstötter
Meine Hilfestellungen zur Selbstführung und damit zur Führung anderer, erscheinen nicht immer leicht in ihrer Umsetzung. Wobei sie sich gerne offenkundig plausibel, „einfach” und eingängig lesen. Diese Vorgehensweisen, werden in ihrer Umsetzung sowohl als äußerst einfach und äußerst schwierig empfunden. Je nachdem, welche Qualität innere „Arbeit” jemand schon mit sich angestellt hat. Selbstführung beginnt mit der Selbst-Begegnung. Ohne sie ist jede erlernte Vorgehensweise lediglich vordergründiges Tun und funktioniert nur rudimentär: Wir werden als „Tool-Anwender” entlarvt.
Selbst-Begegnung ist ein Stufenprozess: Wer eine „Stufe” erreicht hat, sieht sich unmittelbar mit der nächsten konfrontiert. Wer keine „Stufen” erkennt, ist nicht etwas schon „angekommen” oder gar „fertig”. Der sieht lediglich (unbewusst) von der nächsten Stufe weg. Was natürlich auch völlig ok ist.
Eine der wirksamsten Möglichkeiten zur Selbst-Begegnung und gleichzeitig zur Selbstführung ist seit jeher die Natur. Und dabei im Besonderen das Alleinsein draußen. Sich selbst ein wenig zuhören inmitten der weitenden, klärenden, stärkenden und erdenden Natur, ist ein ganz besonderes Geschenk. Ich wünsche Dir und mir den Mut, dass wir uns dieses Geschenk immer wieder machen.