Wer bin ich? Wer willst du sein? Klärung schafft Klarheit

Kennst Du auch dieses Phänomen: In Bereichen unseres Lebens haben wir, wenn überhaupt, lediglich ab und an mal ein Problem. Falls doch, ist es relativ leicht behoben. Dafür gibt es diese anderen Bereiche…! Als säße die Laus im Pelz, pflegen wir Dauerbaustellen. Obwohl wir uns redlichst bemühen, Entspannung durch klare Zustände herzustellen. Was läuft da nur schief?

Wie ich mich entscheide, mich zu zeigen, erschafft, wie andere auf mich reagieren.

Nett gesagt, nur so einfach ist das auch wieder nicht

Sonst hätten wir ja in Nullkommanichts jegliche Ungereimtheiten aus dem Weg geräumt.

Doch, es ist einfach

Wir dürfen nur nicht den Fehler machen, zu meinen, alle tanzen nach unserer Pfeife und wir könnten allein durch unser Verhalten jegliches Verhalten anderer provozieren. Bloß weil wir uns entscheiden, uns auf eine bestimmte Weise zu zeigen. Entscheiden wir uns, uns auf eine ganz bestimmte Weise zu zeigen, heißt das, wir bekommen darauf auch Reaktionen, die uns vielleicht nicht passen. Gerade dann unserer Entscheidung treu zu bleiben, zeigt wie sehr wir bereit sind, uns selbst zu folgen.

Wie ich mich entscheide, mich zu zeigen, erschafft, wie andere auf mich reagieren.
Halte ich das aus, bin ich mir selbst treu.

Jeder der mir begegnet, hat ein Geschenk für mich.

So, wie der andere mir begegnet, so ist sein Geschenk für mich. Das kann ich als gut und schön empfinden oder grässlich. Die Entscheidung liegt bei mir.
Wie zeige ich mich ihm?
Als wer will ich wahrgenommen werden?
Wie wir uns entscheiden, anderen gegenüber zu sein, formt unser Bild von uns selbst. Denn unser Gegenüber zeigt uns auf seine Weise, wie er dieses Bild wahrnimmt. Erst durch seine Reaktion wird unser Bild von uns vollständig.

Beispiel:
Neulich sprach mich bei einer Veranstaltung jemand an und nahm mich auf die Seite. Unter vorgehaltener Hand begann mein Gegenüber über jemand anderen her zu ziehen. Was kann ich tun?

  • Mitunken und mir beim Gegenüber ein paar Lorbeeren verdienen?
  • Ihm auf mehr oder minder klare Weise zeigen, dass ich für so eine Haltung nicht empfänglich bin?
  • Relativieren und meinem Gegenüber die Chance geben, anders über sein Opfer zu denken (und damit sich selbst)?
  • Objektivieren und nach den wahren Ereignissen fragend forschen?
  • Oder…? Was fällt Dir ein, wie könnte ich noch reagieren?

Wie ich reagiert habe, tut für diesen Beitrag nichts zur Sache. Ich will zeigen, wie oft wir richtig coole Chancen bekommen, uns vor anderen und damit vor uns selbst zu zeigen, wer wir sind. Wer wir anstreben zu sein.
Entscheidend ist, so reagiert zu haben, wie ich vor mir selbst bestehe. Nicht nur im Moment des Geschehens, denn da sind wir mit all unseren Emotionen im Strudel der Ereignisse. Sondern gerade danach, wenn ich mich selbst wieder besser beobachten kann.

Es tut also nichts zur Sache, wer „mit einer Situation anfängt”. Für unser Bild von uns selbst entscheidet nur, wie wir im Weiteren handeln.

Wir sehen schon, die Lösung ist einfach dahin gesagt, doch in der Praxis keineswegs leicht. Deshalb nähern wir uns über eine vereinfachende Methode, die uns hilft, mehr Klarheit und dadurch mehr „funktionierende Lebensbereiche” zu erlangen.

Zunächst eine Kategorisierung

1. Geklärte Bereiche
Wo ich einfach tue, wie ich tue, ohne mich zu scheren, wie andere darüber denken könnten, drücke ich mich selbst aus und bin frei. Deshalb reagieren auch andere auf mich entspannt. Was bedeutet, Menschen, die ähnlich empfinden wie ich, gesellen sich gerne zu mir. Andere, die mein Wesen in diesen Bereichen ablehnen, bleiben fern oder entfernen sich. Bloß, das stört mich nicht im Geringsten. Es kommt mir sogar gelegen. Konflikte entstehen deshalb noch nicht. Einfach, weil ich in diesen Bereichen mit mir selbst im Reinen bin. Freilich, völlig unbewusst.

2. Bewusst werdende Bereiche
Wo ich überlege und mich aus vielfältigen Gründen für einen Ausdruck bewusst entscheide, da erweitere ich meinen vorhandenen Komfortbereich. Ich gehe aktiv ins Wachstum, stecke meine Grenzen weiter und werde in diesem Bereich Selbstausdruck und Freiheit erlangen. Bewusstheit macht frei. Das läuft nicht immer konfliktfrei ab. Das ist normal. Bloß nehme ich diese Konflikte als Herausforderungen wahr. Schließlich habe ich meinen Wachstumswunsch frei gewählt.

3. Wachstumsbereiche
Wo ich wanke und schwanke, mich stark orientiere, was wohl andere denken könnten oder tun, da wird es interessant für mich. Denn da bin ich von einer souveränen Haltung und einem stimmigen Ich-bin-mit-mir-selbst-im-Reinen-Gefühl, von Gelassenheit und deshalb Freiheit, noch weit entfernt. Hier helfen mir Mikro-Schritte, mir durch Bewusstwerdung Stück für Stück mehr Klarheit, damit mehr Gelassenheit und letztlich Freiheit in diesem Bereich zu erlangen.

Oft ist es gerade so: Da, wo wir Ansprüchen genügen wollen, um etwas ganz Bestimmtes zu erreichen, da beißen wir uns schier die Zähne aus.

4. Unser seelischer, tiefer, unbewusster Teil
Diesen haben ich bewusst ans Ende dieses Beitrages gestellt. Sogar wenn wir diesem offen gegenüberstehen, ist seine Bekanntschaft auf irgendeine Weise immer heftig. Deshalb am Ende zum offenen Ausklang.

Dein Mit-Anderen

Kläre Deine Beziehungen zu Eltern, Geschwistern, Lebenspartner, Kindern, Verwandten, Freunden, Kollegen, Nachbarn usw.
Wie denkst Du darüber: Nur wer Feinde will, hat Feinde?

Kläre Deine Aktionen im Zugehen auf andere
Bei wem bist Du initiativ, bei wem wartest Du ab?

Kläre Deine Reaktionen in der Begegnung mit Fremden und Bekannten.
Wie reagierst Du, wenn Du jemanden begegnest, mit dem Du irgendwann keine angenehmen Erfahrungen gemacht hast?
Wie agierst Du, wenn sich jemand Dir oder anderen gegenüber rücksichtslos, respektlos, unaufmerksam, zerstreut, flapsig, unüberlegt, ausfallend, selbstvergessen usw. verhält?
Wie verhältst Du Dich, wenn es schwierig und anspruchsvoll wird? Siehst Du weg, hilfst Du, suchst Du nach Möglichkeiten und Chancen?

Kläre Deine Welt

Wer bist Du in der Welt? (Nicht, wer willst Du sein. Nur was Du bist, bist Du. Was Du sein willst, wirst Du niemals sein.)
Wie gehst Du mit den Ressourcen der Erde um?
Denkst Du, Du hast ein Vorrecht auf sie oder gehören sie allen Menschen gleichermaßen?
Woran erkennt man Deine Einstellung?
Reduzierst Du Wasser-, Energie-, Kleidungs-, Material- und Verpackungsverbrauch?
Hebst Du Müll von anderen auf und wirfst ihn in den Mülleimer?

Dein Äußeres

Kläre Deine Erscheinung in Frisur, Rasur, Kosmetik, Kleidung, Schuhe, Taschen, Uhr, Schmuck, Fahrzeuge, Wohnung usw.
Meist ist da weniger und bewusster deutlich mehr.

Kläre Deinen Körper in Erscheinung, Haltung, Grad der Spannkraft und Dynamik, Grad der Gepflegtheit (Haare, Fingernägel, Geruch), Teint, für andere erlebbare Fitness usw.

Kläre Deine Ausdrucksweisen beim Händeschütteln, Gehen, Sitzen, Stehen. Was machen Deine Hände, wenn Du stehst, gehst, sitzt? Welche Gestiken, Mimiken wählst Du? Gerade bei unerwarteten Ereignissen und Stress.

Kläre Deine Sprache
Welchen Dialekt sprichst Du und weshalb?
Wie stark variierst Du zwischen Dialekt und Hochsprache und weshalb?
Welche Wörter wählst Du?
Wie bewusst setzt Du Fremdwörter, Anglizismen, Abkürzungen, Fachjargon usw. ein?
Wie reich an Bildern und Metaphern ist Deine Sprache?
Welche Sorte Bilder und Metaphern verwendest Du?
Welche Sprüche, Aphorismen, Weisheiten, Anekdoten usw. setzt Du ein?
Zitierst Du nur andere oder hauchst Du mit eigenen Worten Erscheinungen und Beobachtungen Lebendigkeit ein?

Dein Inneres

Kläre Deine Beziehung zu Dir selbst
Wie nährst Du Deine Liebe zu Dir selbst?
Wie erweiterst Du Deine Selbstannahme?
Wie wirst Du Dich Deiner selbst bewusster?
Erkennst Du an, dass Du unvergleichlich bist?

Kläre Dein Wissen
Mit welchen Informationen füllst Du Dich jeden Tag? Was blendest Du bewusst aus? Welchen Quellen traust Du? Wie erschaffst Du Dir eigenes Wissen?
Traust Du Dich aus dem kollektiven Unbewussten zu schöpfen und der Welt bewusst zu machen, über was sie verfügt?

Kläre Deine Aktivitäten
Wo setzt Du Deine begrenzte Energie ein?
Was lässt Du ganz bewusst außer Acht?
Womit verbringst Du Deine Zeit?

Kläre Deine Erfahrungen
Auf welche Erlebnisse gehst Du aktiv zu? Was lässt Du bewusst sein?
Welche Orte suchst Du während Deines Jahres auf?
Wohin reist Du?

Kläre Deine Vorbilder
Was willst Du von wem lernen?
Wen nimmst Du Dir zum Ansporn, wenn es Dir dreckig geht?
Erkennst Du an, dass Du niemals so sein wirst wie andere und dass dies auch eine Verleugnung von Dir selbst wäre?

Kläre Deine Lebensmittel
Welche Stoffe lässt Du in Deinen Körper?
Welche Lebensmittel passen nicht mehr zu Dir und Deiner Vorstellung von Dir selbst?

Kläre Deine Rhythmen
Erkennst Du an, dass Du ein Lebewesen bist wie viele Milliarden andere auch und deshalb Rhythmen unterliegst?
Gibst Du Dich Deinen eigenen Rhythmen hin und erlebst so Deine Einmaligkeit und Deine Stärken umso intensiver?
Welche Rhythmen in Energielevel, Belastbarkeit, Stressresistenz, Hochstimmung, Gereiztheit erkennst Du bei Dir?

Kläre Deine Ruhe
Erkennst und akzeptierst Du die Warnzeichen, die Dir sagen, wann es für Dich wieder Zeit zur Ruhe ist? (Oder überraschen Dich „Kleinkrankheiten” regelmäßig wie aus heiterem Himmel?)
Wo nimmst Du Dir Deine Ruhe, auch ohne jegliche Warnzeichen, einfach, weil Du weißt, welchen Gewinn sie für Dich bedeutet?
Traust Du Dir, mit Dir selbst allein zu sein?
Welchen Raum gibst Du Dir, um mit Dir in Stille zu sein?

Kläre Deine Regeneration
Wie viel Schlaf, zu welchen Zeiten und in welchen Rhythmen passt zu Dir und fördert Dich jeden Tag?
Welche Bewegungsform, welche Tätigkeiten unterstützen Dich optimal in Deiner Regeneration?

Kläre Deine Fitness
Welchen Fitnessgrad willst Du erreichen?
Kannst Du diesen auch über schwierigere Zeiten halten?
Fühlst Du Dich dann für Dich selbst gut oder schielst Du nach Anerkennung?

Bei allen Klärungen die Du vornimmst. Gehe davon aus, dass Dich auch Leute ablehnen werden, deren Meinung Du hoch einschätzt. Wenn Du das aushältst und Du Dich in Deinem Weg bestätigt fühlst, dann hast Du wirklich Dinge in Deinem Sinne geklärt. Wenn Dich die Meinung anderer wanken, zweifeln oder gar umkehren lässt, war die Klärung nie in Deinem Sinne. Sie war ein Gedankenkonstrukt, das auf die Wirkung bei anderen erschaffen wurde.
Das macht nichts. Sei gnädig mit Dir. Allein zu erkennen, wo Du auf dem Holzweg warst, ist der Beginn für einen späteren, vielleicht umso größeren Erfolg.

Dein Bild von Dir selbst ist und bleibt unabhängig von den Umständen in denen Du Dich befindest. Auch, wenn es niemals konstant ist, sondern sich laufend mit Deiner Entwicklung ändert. Das ist ein Zeichen von Reife und keineswegs von Wankelmut.

4. Unser seelischer, tiefer, unbewusster Teil

Die tiefste, reinste Klarheit können wir gedanklich nicht beschreiben. Wir können sie auch nicht durch noch so großen Eifer und Disziplin erreichen. Diese Klarheit ist vielmehr eine Aha-Erlebnis-Überzeugung, die kommt, sobald die Zeit dafür reif ist. Sie fühlt sich wie ein einengender, schwerer Mantel an, der von unseren Schultern genommen wurde. Wie Nebel, der sich lichtet. Wie ein undefinierbares Geräusch, das sich in reinsten Klang wandelt.
Letztlich fühlen wir uns „unbeschreiblich” anders in unserer Haut: befreiter, „runder”, stimmiger, gelassener und klarer. Plötzlich öffnen sich Türen, wo wir nicht dachten, dass es da überhaupt Türen gibt. Wir verstehen, weshalb sich in Vergangenheit Türen schlossen. Sie waren einfach nicht die Richtigen (mehr) für uns. Es mag eine Zeit in unserem Leben gegeben haben, da waren sie passend. Jetzt eben nicht mehr. Wir waren noch in unserer „überlebten” inneren Haltung durch unsere gedankliche Erinnerung gefangen und versuchten die alten Muster zu bedienen. Sie haben in Vergangenheit trefflich funktioniert. Plötzlich tun sie das nicht mehr. Wir können uns das nicht erklären und sind verwirrt. Aus Angst uns unseren neuen Bereichen vollständig anzuvertrauen, laufen wir Gefahr uns zu verkrampfen und uns an Geliebtes doch Überholtes zu klammern. Wir erleben Frustration und das Gefühl „neben uns zu stehen”, „nicht ernst genommen zu werden”, „nicht gebraucht zu werden”, „unerträgliche Leere” usw.. Je mehr wir hier klammern, desto schlimmer machen wir unsere Lage.
Vertrauen wir uns uns selbst an, geschieht die tiefste Klarheit einfach. Sie ist Ausdruck unserer Seele.

Klarheit bringt Gelassenheit.
Gelassenheit ist gelebte Freiheit.

Gute Zeit & Beste Grüße!

Jörg Romstötter

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Meine Hilfestellungen zur Selbstführung und damit zur Führung anderer, erscheinen nicht immer leicht in ihrer Umsetzung. Wobei sie sich gerne offenkundig plausibel, „einfach” und eingängig lesen. Diese Vorgehensweisen werden in ihrer Umsetzung sowohl als äußerst einfach und äußerst schwierig empfunden. Je nachdem, welche Qualität innere „Arbeit” jemand schon mit sich angestellt hat. Selbstführung beginnt mit der Selbst-Begegnung. Ohne sie ist jede erlernte Vorgehensweise lediglich vordergründiges Tun und funktioniert nur rudimentär: Wir werden als „Tool-Anwender” entlarvt.

Selbst-Begegnung ist ein Stufenprozess: Wer eine „Stufe” erreicht hat, sieht sich unmittelbar mit der nächsten konfrontiert. Wer keine „Stufen” erkennt, ist nicht etwas schon „angekommen” oder gar „fertig”. Der sieht lediglich (unbewusst) von der nächsten Stufe weg. Was natürlich auch völlig ok ist.

Eine der wirksamsten Möglichkeiten zur Selbst-Begegnung und gleichzeitig zur Selbstführung ist seit jeher die Natur. Und dabei im Besonderen das Alleinsein draußen. Sich selbst ein wenig zuhören inmitten der weitenden, klärenden, stärkenden und erdenden Natur, ist ein ganz besonderes Geschenk. Ich wünsche Dir und mir den Mut, dass wir uns dieses Geschenk immer wieder machen.