Angst macht uns schlechter als wir sind. Ein Experiment zur Selbsterfahrung.

Wieso ein Experiment zur Angst? 

Je bewusster wir mit unserer Angst umgehen, desto weniger kann sie uns behindern. Je weniger wir von unserer Angst wissen, desto weniger können wir ein selbstbestimmtes, freies und erfüllendes Leben führen: Wer seine Angst nicht kennt, ist unbemerkt ein Sklave seiner Angst.

Dieses Experiment dient, in einem gewissen Spektrum, die Wirkung der Angst auszuprobieren.

 

Mit der Angst ist es so ein verzwicktes Ding:

Die weitaus meiste Angst (mind. 95%), die wir haben, nehmen wir überhaupt nicht wahr. Das können wir gar nicht, weil sie unbewusst ist. Selbst wenn sie zu Tage tritt. Denn dann laufen, wieder unbewusst, verschiedene Arten der Abwehr. Eine Abwehr, die wir unter den heutigen gesellschaftlichen Normen sogar als erwünscht betrachten, wie Formen der Gier, Arroganz, Machtstreben, Neid usw. Nur, wenn wir besonders achtsam sind, können wir Angst als solche erkennen. Die wenigste Angst ist uns wirklich als solche bekannt und nur über einen gewissen Teil unserer Angst sind wir uns unschlüssig, ob er uns behindert oder beflügelt.
Dies nur kurz zur Angst. Weit mehr zur Angst, ihrer Entstehung und ihren Erscheinungen: Angst in Veränderungen und Angst durch Knappheit.

 

Was im Experiment passiert

In diesem Experiment wirst Du nacheinander zwei verschiedene Bewusstseinszustände einnehmen. Aus diesen mentalen Zuständen heraus wirst Du Deine Dir bekannten Fähigkeiten testen.

Dieses Experiment deshalb bitte nur durchführen, wenn

 

  1. Du etwas über Dich und Deine gewohnte Art zu Denken erfahren willst, was Dich auch erschrecken kann.
  2. Du damit klar kommst, dass Deine Wahrnehmung und Deine daraus gezogenen Schlussfolgerungen sich als falsch herausstellen.
  3. bei Dir weder schizophrene noch borderlineartige Belastungen vorliegen. Es sei denn, unter therapeutischer Aufsicht.

Deshalb übernehme ich auch keinerlei Haftung für jegliche Folgen aus dem Experiment.

 

Vorgehensweise:

Lies Dir zunächst die Beschreibung von Schritt 1, Schritt 2 und Schritt 3 des Experiments durch. Jedoch lies Dir noch nicht das Fazit durch. Dann liest Du Dir Schritt 1 noch einmal durch und führst ihn aus. Erst, wenn Du Schritt 1 ausgeführt hast, liest Du Dir Schritt 2 ein zweites Mal durch und führst ihn durch. Mit Schritt 3 verfährst Du wie mit Schritt 2.

 

Schritt 1

Du nimmst Deine gesamte Lebensumgebung als bedrohlich wahr: Du erkennst, alles wird von schlimmen Vorzeichen und bedrückenden Ereignissen überschattet. Selbst die Dinge die Dir Freude bereiten, die Du einfach gerne tust, die Dir gefallen, ja, die Dich ausmachen, auch auf die Du stolz bist. Einfach alles. So schön es auch immer ist, es wird schlimm werden. Du wirst, was Dir wichtig ist nicht mehr tun können/ dürfen. Oder dieses nur in gedrückter, beschämter Stimmung. Du wirst kein freier Mensch mehr sein. Du wirst überwacht und ausgebeutet. Deine Lebensträume lösen sich wie Rauch auf.
Du fühlst Dich stark eingeschränkt und belastet.

Nun überlege Dir, was Du am Wochenende Interessantes tun könntest.
Finde dazu mindestens fünf Ideen, die Deine Gedanken aus Vorfreude fesseln. Schreibe diese Ideen auf.
Vielleicht etwas, das Du noch nie gemacht hast. Etwas, das Deine Forschergeist anregt, das Dein „Inneres Kind” vor Freude hüpfen lässt.

 

Schritt 2

Du nimmst Deine gesamte Lebensumgebung völlig wertneutral wahr: Du erkennst, es gibt Bereiche in Deinem Leben, die sich wunderbar gestalten. Und Du erkennst, es gibt Bereiche, die deutlich verbesserungswürdig sind. Jedenfalls erkennst Du an, zu keinem Zeitpunkt in Deinem Leben sind all Deine Lebensumstände und Aspekte Deines Lebens einheitlich rosarot. Es gab, gibt und wird immer Bereiche geben, die sich aktuell formidabel gestalten. Gleichzeitig gab, gibt und wird es immer Bereiche geben, die Dich stören, ja geradezu ärgern: „Ach, es könnte alles so schön sein, wenn…!”

Du erkennst es einfach an, dass es so ist und immer so sein wird. Du erkennst an, dass dies bei allen Menschen so ist. Es gab, gibt und wird niemals einen Menschen auf der Welt geben, dessen Leben in allen Bereichen auch nur über einen nennenswerten Zeitraum „rosarot” sind.

Du erkennst an, dass selbst Verliebtsein, der Führerschein, das Abschlusszeugnis, der geniale Job, die Wahnsinnsreise, Heirat, die Geburt Deines Kindes, ein satter Lottogewinn, der Rentenbeginn usw. lediglich vorübergehend Deine Welt als rosarot erscheinen lassen. Bei nur etwas genauerem Hinsehen, Deine Welt jedoch zu jedem Zeitpunkt wunderbare und deutlich verbesserungswürdige Bereiche hatte, hat und haben wird.

Du begibst Dich in diesen Zustand der Ausgeglichenheit. Der Ausgeglichenheit zwischen all den schönen und weniger schönen Erscheinungen in Deinem Leben. Du begibst Dich genau in die Mitte dieser Empfindungen, die durch Deine Bewertungen zustande kommen. Du erkennst an, dass Du Erscheinungen immer bewertest. Erst diese Bewertungen erzeugen in Dir Gefühle der Freude und des Leids.
Du ruhst in Deiner Mitte.
Du ruhst in Dir selbst.

Nun überlege Dir, was Du am Wochenende Interessantes tun könntest.
Finde dazu mindestens fünf Ideen, die Deine Gedanken aus Vorfreude fesseln. Schreibe diese Ideen auf.
Vielleicht etwas, das Du noch nie gemacht hast. Etwas, das Deine Forschergeist anregt, das Dein „Inneres Kind” vor Freude hüpfen lässt.

Schritt 3

Du nimmst Deine gesamte Lebensumgebung als absolut wunderbar wahr: Du erkennst, genau genommen läuft alles prächtig. Ja, sogar die Dinge, die Dich bis vor einem Moment noch geärgert hatten, sind es im Grunde gar nicht wert, auch nur den Hauch einer Sekunde über sie nachzudenken. Das Leben ist rundum ein tolles Geschenk. Das Leben ist einfach sexy. Du denkst Dir: „Wie konnte ich nur so armselig sein und mich von irgendwelchen äußeren Umständen oder anderen Menschen so herunterziehen lassen? Stehe über den Dingen. Wo ein Wille, da ein Weg. Zweifeln oder gar Zögern ist was für arme Wichte.”

Nun überlege Dir, was Du am Wochenende Interessantes tun könntest.
Finde dazu mindestens fünf Ideen, die Deine Gedanken aus Vorfreude fesseln. Schreibe diese Ideen auf.
Vielleicht etwas, das Du noch nie gemacht hast. Etwas, das Deine Forschergeist anregt, das Dein „Inneres Kind” vor Freude hüpfen lässt.

 

Fazit

Zu Schritt 1
Ist dieser Gefühlszustand weit hergeholt? Nein. Er entspricht dem, den z.B. manche Vorgesetzte bei ihren Mitarbeitenden hervorrufen. Er entspricht dem einer Depression. Er entspricht dem, was aktuell manche in der Corona-Krise empfinden. Oder wenn man sich dauerhaft mit bestimmten Medien und Nachrichten befasst.

Zu Schritt 2
Klingt spirituell, nicht wahr? Ist er auch. Es ist die Erfahrung der Bewertungsfreiheit. Erst Bewertungen, die wir zumeist durch Erfahrungen von uns selbst und anderen erworben haben, lassen unsere Grundstimmung dauerhaft in eine bestimmte Richtung tendieren. Damit nehmen wir die Welt „mit Vorzeichen”, als „eher böse” oder „eher gut” wahr. Beides ist nicht „wahr” im engeren Sinne von Wahrheit.

Die Bewertungsfreiheit beinhaltet eine Krux: Wir werden mental sehr sehr elastisch. So elastisch, bis wir schließlich keinerlei Wünsche oder Bestrebungen mehr haben. Das kann zu einem Gefühl der Bodenlosigkeit führen. Spirituelle/ philosophische Reifung in allen Lebensaspekten und damit materiell und immateriell ist dazu nötig.

Zu Schritt 3
Phantastisch, oder! Wie ideenreich Du bist! Die Aufgabe ging Dir von der Hand wie eine Kleinigkeit.

 

Ist es nicht so?

Im Schritt 1 des Experiments bist Du geradezu erschüttert über die geringe Quantität und Qualität Deiner Ideen.

Im Schritt 2 bist Du erstaunt, wie wenig Dir einfällt. Gleichzeitig ist Dir diese Erkenntnis egal.

Im Schritt 3 bist Du erstaunt über die hohe Quantität und Qualität Deiner Ideen.

 

Wie kommt das?

Schritt 1 und Schritt 3 sind Angst behaftet. Beide Formen Deines Verhaltens haben Formen der Abwehr mobilisiert. Im Schritt 1 Formen der „Schadenbegrenzung”. Im Schritt 3 Formen der „Flucht nach vorne”. Schritt 1 ist als Angstabwehr selbsterklärend. Doch wieso ist es auch im Schritt 3 so? Schritt 3 ist nichts anderes als die Kehrseite der Medaille des Schritt 1. Er zeigt, was Hoffnung und in die Zukunft projizierte Wünsche mit uns machen. Wir mobilisieren besonders viel Energie für die Denkleistung des Ideenschmiedens. Um nur ja die freudig erwartete Zukunft so eintreten zu lassen, wie wir uns das vorstellen. Wir kommen gar nicht auf den Gedanken, die Zukunft könnte anders, doch mindestens genauso schön sein, wie von uns imaginiert. Das ist die Krux von Plänen und Zielen und all den Suggestionsformen. Wir fantasieren uns eine Welt herbei. Damit lenken wir uns von unseren als Angst empfundenen Emotionen ab. Obschon unsere Angst tatsächlich identisch groß war. Sie ist nur unter dem Mäntelchen der schönen Gefühle verborgen. Gleichzeitig haben wir real existierende Gefahren und Bedrohungen einfach ignoriert. Erfüllen sich unsere Zukunftsfantasien – denn es sind genauso nichts weiter als Fantasien, wie die destruktiven Gedanken aus Schritt 1 – sind wir nur noch enttäuschter, als wir ohne hochtrabende Ideen gewesen wären.

 

Ist Schritt 2 anzustreben?

Welcher der drei Schritte sagt Dir am meisten zu? Kommt vielleicht auf die Situation an, nicht wahr?
Welche Erfahrungen machst Du im Alltag?
Wo ertappst Du Dich in die Bewertungsformen von Schritt 1 oder Schritt 3 zu verfallen?
In welchen Situationen bist Du wie selbstverständlich im „Modus Schritt2”?
Wann gelingt es Dir von einem Modus in einen anderen zu wechseln, um dadurch neue Betrachtungsweisen zu zu lassen?

Gute Zeit & Viele Grüße!

Jörg Romstötter

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Meine Hilfestellungen zur Selbstführung und damit zur Führung anderer, erscheinen nicht immer leicht in ihrer Umsetzung. Wobei sie sich gerne offenkundig plausibel, „einfach” und eingängig lesen. Diese Vorgehensweisen, werden in ihrer Umsetzung sowohl als äußerst einfach und äußerst schwierig empfunden. Je nachdem, welche Qualität innere „Arbeit” jemand schon mit sich angestellt hat. Selbstführung beginnt mit der Selbst-Begegnung. Ohne sie ist jede erlernte Vorgehensweise lediglich vordergründiges Tun und funktioniert nur rudimentär: Wir werden als „Tool-Anwender” entlarvt.

Selbst-Begegnung ist ein Stufenprozess: Wer eine „Stufe” erreicht hat, sieht sich unmittelbar mit der nächsten konfrontiert. Wer keine „Stufen” erkennt, ist nicht etwas schon „angekommen” oder gar „fertig”. Der sieht lediglich (unbewusst) von der nächsten Stufe weg. Was natürlich auch völlig ok ist.

Eine der wirksamsten Möglichkeiten zur Selbst-Begegnung und gleichzeitig zur Selbstführung ist seit jeher die Natur. Und dabei im Besonderen das Alleinsein draußen. Sich selbst ein wenig zuhören inmitten der weitenden, klärenden, stärkenden und erdenden Natur, ist ein ganz besonderes Geschenk. Ich wünsche Dir und mir den Mut, dass wir uns dieses Geschenk immer wieder machen.